Viele Frauen haben ein großes Problem mit ihrem Selbstwert, ihrem Körper,
ihrer Weiblichkeit und ihrer Sexualität.
Schon früh werden sie darauf geprägt, hübsch und lieb zu sein.
Klettert ein Mädchen auf Bäume, macht sich schmutzig, oder gibt Widerworte,
dann fällt es aus dem Raster. Das machen nur Jungs. Jungs machen sich dreckig, können frech sein, dürfen jedoch nicht weinen, sonst sind sie Weichlinge und ein Indianer kennt schließlich keinen Schmerz.
Entdecken sie ihren Körper, so ist es normal, dass Jungs masturbieren.
Mädchen tun so etwas nicht!
Es gilt als ‚schmutzig‘, den eigenen Körper zu erforschen.
Eines Tages blutet sie. Wurde sie nicht von ihrer Mutter vorbereitet, setzt spätestens zu diesem Zeitpunkt die Scham ein. ‚Was passiert in meinem Körper? Wie soll ich dem Lehrer sagen, dass ich nicht am Schwimmunterricht teilnehmen kann? Es ist einfach nur peinlich!‘
Das Wunderwerk ihres Körpers kann sie nicht erkennen, schließlich tut es weh und behindert sie. Dass sie zusammen mit anderen Frauen in dieser Zeit gemeinsam ihre Weiblichkeit zelebrieren, indem sie sich zurückziehen, ihren Zyklus würdigen, die monatliche Entgiftung unterstützen und ihre Fruchtbarkeit feiern,
ist unserer Gesellschaft abhandengekommen.
Sie ist allein und überfordert mit der schleichenden Veränderung ihres Körpers.
Zeigt sie Gefühle, muss sie hysterisch sein.

Mit diesen Prägungen treffen ein angepasstes Mädchen und ein Junge,
der sich behaupten muss, im Teenageralter aufeinander.
Beide sind bereits abgetrennt von ihren eigenen Gefühlen. Ihre Identität können sie nur auf ihren Körper und dessen Außenwirkung reduzieren.
Das Mädchen hat gelernt, es allen recht zu machen und der Junge sieht sich Rangeleien mit Gleichaltrigen ausgesetzt, in denen nur der Stärkste emotional überleben kann.
‚Hübsch, sexy, unsicher, sich mit anderen vergleichend, stärker, schneller, Erster‘
stehen sich gegenüber und sind zutiefst verunsichert durch die Konfrontation mit dem unbekannten Wesen, durch das sie sich angezogen fühlen.
Wie sollen sie einander begegnen?
Sie wissen es nicht und müssen es erst noch herausfinden.
Den Zauber zarter Annäherungen und ein Austausch über die eigenen Gefühle
dürfen nur die Wenigsten erleben.
Das Internet hat bestens vorgesorgt und gibt mit realitätsfremden Pornos Anleitungen,
die schon 10jährige ungehindert anschauen können.

So geht das also? Alles klar!

Der Junge sucht sich das schönste Mädchen und spielt gut aufgeklärt den Porno nach.
Das Mädchen ist davon überzeugt, dass alle Frauen ‚das tun‘
und auch sie mitspielen muss.
Weigert sie sich, ist sie frigide, prüde, zickig, oder hat ‚ihre Tage‘.
Der Junge sieht sich in der Rolle desjenigen, der den rassigen Hengst spielen, es ihr so richtig ‚besorgen‘ und sich seine Befriedigung bei ihr holen muss.
Dass sie Gefühle hat, dass ihr Körper ein Tempel ist, den er nur mit höchster Achtsamkeit betreten darf, um dort ihrer und seiner Zartheit begegnen zu können,
hat er in Pornos nicht lernen können.

In dieser tiefen Verunsicherung sammeln die beiden ihre Erfahrungen miteinander.
‚War sie gut? Los! Erzähl mal!‘ und der Junge berichtet seinen Freunden,
die den Akt mit Grölen kommentieren. ‚Und? Hat sie dir ‚einen geblasen?‘
Gelächter hilft für einen Moment über die Unsicherheit hinweg.

Ist sie diejenige, die Lust hat, ist sie nymphoman veranlagt.
Hat sie wie die Jungs mehrere Partner, ist sie eine ‚Matratze‘, ein Flittchen, oder eine Hure.

Die junge Frau wird als Objekt betrachtet, das danach bewertet wird, wie es die in Pornos vorgeführten Techniken beherrscht. Sie selbst schaut sich Videos an, in denen ihr genau erklärt wird, wie sie ‚es‘ machen muss, damit er zu seiner höchsten Lust findet.

Aber, wie fühlt sie sich dabei?
Sie konnte keine Wertschätzung für sich und ihren Körper entwickeln.
Niemand hat es ihr gezeigt.
Allein, nicht gesehen, gedemütigt und verunsichert wird sie dieses Spiel viele Jahre mitspielen, ansonsten könnte der Partner sie verlassen.
So ist das eben.
Macht sie später auch in der Ehe die Beine nicht breit, sucht er sich eine andere, die es tut.
Nach Ursachen wird nicht geforscht. Sie muss funktionieren.
Tut sie das nicht, stimmt etwas nicht mit ihr.

Bringt sie ihr erstes Kind zur Welt, hat sie monatelang keine Lust auf Sex,
denn ihr Baby braucht alles von ihr.
Ist sie durch den Verrat an ihrem Körper und ihrem Gefühlsleben nicht schon vorher krank geworden, um sich entziehen zu können, kommt sie spätestens jetzt an einen Punkt, an dem sie die Bedürfnisse ihres Mannes nur noch sehr schwer erfüllen kann.
Ist der Mann nicht emotional mit seiner Frau verbunden,
wird er fremdgehen, um seinen Druck abzulassen und für seine Männlichkeit eine Bestätigung zu erhalten.
Sie findet es heraus und ist bis ins Mark erschüttert.
Hat sie doch immer alles gegeben.

Jede Frau hat ein Recht auf ihre Gefühle.
Jede Frau sollte erst einmal für sich in einem geschützten Rahmen
ihren Körper kennen und lieben lernen dürfen.
Jede Frau darf NEIN sagen.
Jede Frau darf herausfinden und äußern, was sie sich wünscht.

Eine Frau ist kein Sexobjekt.
Ein Mann, der dies erkennen kann, wird sie in ihrem weiblichen Körper
voller Bewunderung ansehen und zärtlich berühren.
Kann er erkennen und ihr vermitteln, dass er heiliges Land betritt,
wenn er sich ihr nähern darf, wird sie ihm sich öffnen können.
Ein solcher Mann weiß, dass er achtsam vorgehen und immer wieder schauen muss,
wie und ob sie mitgehen möchte und wie sie sich fühlt.

Nein, eine Frau, die einen Minirock trägt, ist kein Flittchen, spricht damit keine Einladung aus und ist auch nicht leicht zu haben.
Nein, Frauen sind keine Männer und wollen es auch gar nicht sein.
Ja, Frauen möchten gerne bei ihren Kindern bleiben, aber die Gesellschaft hat Vollzeitmütter degradiert und unseren Männern das Gehalt gekürzt,
so dass beide arbeiten müssen.
Ja, Frauen hacken auf den Männern herum, weil sie über Generationen unterdrückt und misshandelt wurden und Angst vor ihnen haben.
Ihr Vertrauen ist bis in die letzte Zelle erschüttert worden.

Wollen Frauen und Männer zueinanderfinden,
dann braucht es keine Vergleiche, sondern eine Würdigung der Unterschiede.
Beide müssen bereit sein, die Waffen niederzulegen, erst einmal zu sich selbst zu finden, und nicht ihre Erwartungen auf den anderen zu projizieren.
Sind sie bereit, offen und neugierig aufeinander zuzugehen,
ihre Muster dabei zu beobachten und zu entwirren,
so werden sie einander auf einer Ebene begegnen,
die jenseits ist von dem,
was sie sich jemals hätten vorstellen können.

Geben sie diese wundervolle Erfahrung an ihre Kinder weiter,
so kann das verzerrte Bild von Frauen und Männern
durch ein viel Schöneres ersetzt werden.

So kann Heilung möglich werden.

Alles Liebe
Deine Birgit